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Kommenden Sonntag im Kunstverein Frankenthal
Kommt alle, die Ihr mühselig & beladen seid. Ich will Euch erquicken!
Verfluchter Wandel!
Ohne Titel, 2008
Bleistift, Markertuscheverunreinigungen auf Papier, 29,7 x 21 cm
Missionieren im Business
Künstler (K.) im Gespräch mit dem Leiter oder der Leiterin (L.) einer kleinen kommunalen oder städtischen Galerie irgendwo in der deutschen Provinz (so oder so ähnlich):
L.: […] K.! Ich freue mich, dass Sie in unseren schönen Räumen ausstellen werden […]
Falls Sie jemanden kennen, der ein paar Worte über Ihre Arbeit verlieren kann – kein Problem. Dafür stellen wir ein Honorar von 200 Euro zur Verfügung.
In aller Regel bieten wir hier während der Vernissage Musikern aus der Region die Gelegenheit, ein bisschen Geld zu verdienen – 300 Euro – zwischen den Ansprachen & im Anschluss an die Eröffnung, so ein bisschen Hintergrundmusik als musikalische Untermalung. Das letzte Mal hatten wir zwei Jazzer; wenn Sie möchten, stelle ich gerne den Kontakt her …
K. hasst Hintergrundmusik – egal ob im Fahrstuhl oder im Baumarkt. Er hasst musikalische Untermalungen oder auch musikalische Umrahmungen, ganz besonders während seiner Vernissagen. Mit einem betretenen Lächeln stellt man sich lauschend & denkt aber an ganz & gar Unwichtiges oder guckt sich die Gesichter der Gäste an.
Eine Ausstellungseröffnung bedeutet Anspannung, Konzentration, Akquise, anstrengende Gespräche mit wichtigen (selten) oder sich wichtig gebärdenden („Wissen Sie, ich male ja auch …“) Menschen. Am Ende ist man betrunken & einen Tag später hat man einen Schädel vom meistens eher schlechten Weißwein. Wer braucht da eine gut gemeinte musikalische Untermalungen oder -rahmungen?
K.: Mmh – wie sieht es aus mit den Transportkosten? Wenn ich die großen Arbeiten ausstelle, brauche ich einen Leihwagen – Hasenkamp kommt ja wohl nicht in Frage – hin & zurück plus Spritkosten komme ich da mindestens auf 500 – 600 Euro …
L.: Bei uns übernimmt der Künstler den Transport. Einen Etat dafür haben wir bis jetzt noch nicht vorgesehen. Hat bis jetzt immer funktioniert …
K. (überlegt eine Weile): Vorschlag: Ich verliere ein paar Worte über meine Arbeit & zwischendurch musiziere ich. Das ersetzt zwar nicht die Transportkosten, da ich ja dann ausschließlich für meine Leistungen als Redner & Musiker bezahlt werde. Aber es würde meine Kosten etwas reduzieren…
L.: Wunderbar! Sie machen Musik? Das wusste ich nicht! Welches Instrument spielen Sie denn? Beziehen Sie sich da auf Ihre Arbeit?
K.: Ich spiele kein Instrument. Aber ich könnte etwas singen.
K. schießt gerade Tevjes Song: „Wenn ich einmal reich wär’ …“ aus „Anatevka“ durch den Kopf; banal, schließlich geht es doch hier um Höheres, es geht um die Kunst …
L.: Der Künstler singt selbst? Eine Performance?
K.: Nein, auch keine Performance; aber für die 200 Euro würde ich hier sozusagen debutieren …
L. runzelt die Stirn …
K.: Sehen Sie ’s mal so: Noch vor der Ausstellungseröffnung haben doch schon eine Menge Leute an & mit meiner Arbeit Geld verdient:
Der Drucker/Grafiker, der für Einladungskarte & vielleicht ein Plakat zuständig ist, Ihr Webdesigner, der Getränkehändler, der Winzer, der Catering-Service, die Versicherung für meine Arbeiten – sofern Sie eine abschließen, der Hausmeister, der mich beim Hängen der Arbeiten unterstützt, Sie, als verantwortliche kommunale Angestellte, die die Ausstellungen kuratiert & organisiert, das Unternehmen, das meinen Leihwagen stellt, die Tankstelle, an der ich den Leihwagen betanke, die für die musikalische Umrahmung der Vernissage verantwortlichen Musiker, der/die Laudator, Laudatorin, der Fotograf & der Schreiber für die regionale Presse, die Putzfrau, die Aufsicht & eine Unzahl emsiger, fleißiger Menschen, deren Dienste wir vor & während der Ausstellung in Anspruch nehmen werden.
Wenn ich für die musikalische Untermalung sorge, klingelt es mit jedem Takt zur Abwechslung auch in meinem Portemonnaie & das Geld für ein paar verlorene Worte könnte ich gut gebrauchen, um die Übernachtung im Hotel zu zahlen …
L.: Aber vielleicht verkaufen Sie ja was …
Es folgt eine kleine Pause …
K.: Ich möchte nichts verkaufen. Ich möchte lediglich ein Honorar für meine Leistungen. Der Transport geht ja nach wie vor auf meine Kosten – von den 500 Euro Honorar für Musik & Rede kann ich weder den Leihwagen noch das Benzin vollständig bezahlen …
L. (immer noch leise): Ehrlich gesagt, darüber haben wir uns hier noch nie Gedanken gemacht.
Mein Vorschlag: Sie erzählen den Besuchern ein bisschen was über Ihre Arbeit & wir verzichten auf Ihr musikalisches Debut. Dafür geben wir Ihnen die 500 Euro & Sie leihen dafür ein großes Auto … ?
K. willigt ein. Er überlebt die Vernissage & wird sogar für seine verlorenen Worte gelobt. Das Publikum findet K.s Bilder sehr farbenfroh, aber problematisch: „Wer hängt sich denn so was übers Sofa?“
Die Transportkosten belaufen auf rund 600 Euro; L. zahlt auch die zusätzlichen Kosten inclusive Benzin.
Vier Wochen später baut K. die Ausstellung ab. Es war wirklich eine sehr schöne Ausstellung in sehr schönen Räumen. K. war mit einem Farbfoto in der Regionalzeitung.
Tatsächlich hat er eine kleine Arbeit verkauft.
Entwurf zu einem Projekt (2)
Architekturmodell M 1:50
Diverse Materialien
(im Hintergund: Malerei auf Aludibond)
Das Architekturmodell zeigt den zweiten Streich einer Arbeit für zwei Räume, mit der ich seit einigen Monaten kämpfe (erster Streich).
Ausgangspunkt – Ausgangsraum – war ein dem Krankenhaus eingeschobener Rundbau, ein Rondell (Durchmesser ca. 20 – 25 m), welches in Zukunft als unabhängiger Veranstaltungsort funktioniert.
Eine Art Mini-Multifunktionsraum für Kongresse, Konzerte, Hochzeiten, Familienfeiern, Kongresse, Tagungen usw..
Angedacht war zunächst eine Wandmalerei – aus verschiedenen Gründen wurde die Idee verworfen zugunsten einer Installation: Malerei auf unregelmäßig geformte Platten aus Aludibond, die den Raum in seiner Regelmäßigkeit vollkommen anders takten & rhythmisieren soll.
Die vordere Hälfte des Rondells (Höhe ca. 6 m) besteht aus Glas & Metallrahmen, die sog. „Fensterfront“ (üblicherweise horizontal & vertikal gegliedert. Die hintere Hälfte ist die Wand für besagte Installation, die aus Gründen der Akustik allerdings leider nur bis zu einer Höhe von 3 m gestaltet werden durfte.
Ganz klar: die anämische Farbigkeit der gesamten Archtitektur schrie nach Farbe; aus dem Konzept der unregelmäßig geformten Aludibond-Platten im runden Veranstaltungsraum ergab sich schließlich auch die formale Idee zum Bild in der Empfangshalle.
Die große Arbeit hängt im Neubau der SHG-Klinik in Völklingen in einer überaus großzügigen Empfangshalle in Höhe des ersten Stocks. Der Neubau strahlt im Innern die übliche Material bedingte Kühle (Glas, Stahl) & strukturell bedingte Strenge (Horizontale, Vertikale, Rhythmus, Raster) aus.
Da musste ein Gongschlag her, der die Architektur zum Schwingen bringt; ein Kontrapunkt, der das Ganze ein bisschen aus dem Tritt bringt.
Die Schwierigkeit bei Unterfangen dieser Art besteht einerseits darin – zumal an solch zentraler Stelle – eine Arbeit zu entwerfen, die nicht zur bloßen Dekoration & künstlerischen Aufhübschung der Architektur verkommt – Alibikunst also, die zum Kitsch mutiert.
Andererseits sollte sie provozieren; ein Fremdkörper sein, eine Art Ufo. Auffallen, ohne die Bauherren – & in diesem Fall auch: die Herzpatienten – zu verschrecken (Hängt demnächst alles im Neubau der SHG-Klinik in Völklingen – das Foto im Link ist der alte Bau!).
Eine Gratwanderung.
In diesem Fall arbeite ich sozusagen verdeckt. Die Absichten werden verschlüsselt, aber nur so weit, dass der Betrachter noch eine Chance hat, etwas zu erahnen, zu spüren – ohne dem Bild ganz auf die Schliche zu kommen.
Auf den ersten Blick: Freude über die schönen Farben & auch Formen. Beim zweiten Hinschauen stellt sich vielleicht doch ein gewisses Unbehagen ein (so hoffe ich doch …)
Die 12 m lange Wand in der Empfangshalle wird in der Mitte durch eine Säule geteilt. Lag nahe, die Säule in die Arbeit mit einzubeziehen, sie irgendwie asymmetrisch hinter Säule & Wand zu platzieren. Das integriert die Malerei in den Raum & macht sie weniger dekorativ. Asymmetrie ist in aller Regel auch nicht sehr beliebt. Sie verunsichert den Betrachter. Die Einfachheit & Ordnung der Symmetrie vermittelt ja auch immer ein gewisses Wohlbehagen.
Die Farbe tritt aus dem Rechteck & verschafft sich Raum; thematisch greife ich mit der Malerei Körperhaftes, Organisches auf. Figurative Formen, assoziativ tauglich, aber nie konkret. Irgendwo zwischen Entstehung & Auflösung. Nicht greifbare Momente. Sich windende, krümmende Körper & Fragmente, Chiffren, Torsi, die von der Figur erzählen.
(Was täte ich ohne Semikolon …)
Die Farbe übernimmt dabei die Rolle einer Filmmusik – allerdings diametral entgegengesetzt zur Handlung.
Etwa so: Eine Fimszene aus Hitchcocks Psycho unterlegt mit Klängen aus Mozarts kleiner Nachtmusik – oder so ähnlich.
Ergebnis ist eine eigenständige Malerei, die sich Ihren eigenen Raum schafft & gerade wegen Ihrer Gegensätzlichkeit eine symbiotische Verbindung zur Architektur eingeht.
Das Ufo ist gelandet.
„No Country for Old Men“ …
Ohne Titel, 2008
Bleistift, Kreide in Skizzenbuch, ca. 21 x 26 cm (geöffnet)
… ist wirklich ein sehr guter Film. Merkwürdig.
Erster Streich …
Statt der angekündigten drei plötzlich vier …
Mischtechnik auf Aludibond, ca. 2,70 m x 4,20 m;
Blut, Schweiß & Tränen im Vorfeld – wie auch sonst – & Schiss beim Hängen in 6 m Höhe.
Demnächst mal ein Foto ohne Gerüst …
Ermahnung zur Mäßigung
Ohne Titel, 2008
Bleistift, Kreide in Skizzenbuch, ca. 21 x 26 cm (geöffnet)
… stand da irgendwo in der Zeit …
Rohr …
Ohne Titel, 2008
Bleistift in Skizzenbuch, ca. 21 x 26 cm (geöffnet)
… gestern Abend entdeckt während der Lesung von Mark Heydrich im Saarländischen Künstlerhaus.
K. meint:
„Du bewegst Dich auf vermintem Terrain … “
Ich: „Z. B. Mantegnas Putten & Christusknäblein;
also bitteschön – lass ma‘ die Kirche im Dorf!“