armin rohr
Band der Erinnerung
Im vergangenen Jahr wurde vor der Saarbrücker Synagoge das Denkmal „Band der Erinnerung“ eingeweiht.
Ein ca. fünfzehn Meter langes gewundendes Edelstahlband mit Namen und Geburtsdaten der fast zweitausend Juden, die im Saarland während des Holocausts ermordet wurden soll gleichzeitig erinnern & mahnen. Außerdem wurde die Fläche in „Platz der Erinnerung“ umbenannt. Die Sulptur wurde von der Künstlergruppe „Mannstein und Vill“ aus Berlin entworfen.
Sowohl der „Platz der Erinnerung“ als auch die Skulptur befinden sich auf dem Platz vor der Saarbrücker Synagoge am Beethovenplatz.
Allerdings stelle ich mir wieder mal die Frage, wie eine „Stadt“, wie wir alle mit Kunst in öffentlichen Räumen umgehen, wie wir sie wahrnehmen. Parkende Autos & unnötige E-Roller scheinen normaler Bestandteil dieses Mahnmals zu sein. Die Skulptur verstellt zwar nicht den Blick, aber mir ist der Blick auf die Skulptur verstellt. So wird aus dem „Platz der Erinnerung“ ein banaler Park- & Abstellplatz & die Skulptur verschwindet.
Ich bin stinksauer; empfinde das als beschämend & respektlos.
Gedanke
Ohne Titel, 2023
Bleistift auf Papier, 29,7 x 21 cm
Ohne Titel, 2023
Bleistift auf Papier, 29,7 x 21 cm
Ohne Titel, 2023
Bleistift auf Papier, 42 x 29,7 cm
Die letzten Monate waren nicht immer erfreulich. Da waren ein Festplattencrash & die dritte Coronainfektion noch vergleichsweise unbedeutend & harmlos. An kontinuierliches Arbeiten nicht zu denken.
Irgendwann im Februar saß ich im Atelier & stieß auf das Foto einer Wolke, die ich mehr oder weniger gedankenverloren zeichnete (Zeichnung ganz oben). Eine zweite, größere Zeichnung folgte. Die dritte Zeichnung erfolgte aus der zweiten, ohne die Fotovorlage.
Es ging mir nicht um die Wolke. Die Wolke war nur ein Anlass, ein Auslöser.
Bei der zweiten Zeichnung zog ich meine Striche, verdichtete sie, radierte sie wieder auf, es folgten neue Striche, Kreuzschraffuren, die Ich teilweise wieder ausradierte, um wieder neu anzusetzen. Irgendwann war die Zeichnung fertig.
Die dritte Zeichnung kritzelte ich ohne Fotovorlage nach der zweiten. Die Zeit verging, das Zeichnen war eher ein meditativer Akt, Strich für Strich, ausradieren, neu ansetzen, verdichten, wieder ausradieren … eigentlich brauchte ich das Foto nicht mehr. Es ging weniger um das Ergebnis als um das Tun, das Machen. Die Arbeit. Ein sehr befriedigender Vorgang. Sehr meditativ, sehr befredigend. Sehr befreiend. Und immer sehr konzentriert.
Die Zeit vergeht. Der Tag ist erfüllt. Eine sehr befriedigende Arbeit.
Die „Wolkenzeichnungen“ aus dem März entstanden ohne Vorlagen. Vorlagen sind nur hinderlich in diesem Fall. Ich ließ mich einfach fallen, setzte Line neben Linie, die ich manchmal wieder ausradierte, um danach wieder neu anzusetzen. Schraffieren, radieren, gelegentlich auch wischen, mit Bleistiften verschiedener Härtegrade von HB bis 8B. Die Blätter entstanden von allein.
Ob es nun Wolken sind oder Rauch, Nebel oder nur Graustudien – das sind sie natürlich auch – & so ganz nebenbei lerne ich wieder feinste Nuancen zu beobachten. Ein gutes Training.
JAMBOREE
Mitgliederausstellung im Saarländischen Künstlerhaus.
Eröffnung ist heute, Mittwoch der 29. März um 19:00 Uhr
Mainstream, breite Straßen, freie Fahrt, abgeholzte Alleen? Nein, das ist vorbei. Kunst und Literatur suchen die Wege abseits der betonierten Kanäle und asphaltierten Straßen, der Auto-, Start- und Landebahnen.
Im Saarländischen Künstlerhaus sind wir auf der Suche nach Pfaden. Vielleicht sind sie zugewachsen, von Farnen, Nesseln, Disteln und wilden Kräutern überwuchert, brechen womöglich ab, landen im Sumpf, enttäuschen als Holzwege oder entdecken gerade darin überraschende Ziele. Plötzlich findet sich unter unseren Füßen eine mit Katzkopfsteinen gepflasterte Straße aus Napoleonischer Zeit.
Künstler sind Sucher und Finder. Pfadfinder. Pathfinder. Eine englische Jugendbewegung am Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich rasch international verbreitet. „Jeden Tag eine gute Tat“ ist ein Motto dieser Bewegung, das wir von Tick, Trick und Track kennen, den Neffen von Donald Duck. Gezeichnete Figuren, die ihre Texte in Sprechblasen lesbar machen. Comic ist eine der erfolgreichsten Verbindungen von Grafik und Wort bis zur heutigen graphic novel.
World Scout Jamboree hieß eines der ersten Treffen internationaler Pfadfinder. Wege finden, erkunden, freischaufeln und schaffen, ohne die Natur noch weiter zu zerstören, mit Respekt vor der Umwelt und voreinander, mit Empathie und Solidarität.
Unter dem Titel JAMBOREE laden wir alle Künstlerinnen und Künstler der Bilder, Räume, Skulptur, Klänge und Worte zur großen Ausstellung der Mitglieder des Saarländischen Künstlerhauses 2023 ein.
Wir suchen Wege, finden Pfade und – in besten Fällen – Lichtungen. (Jörg W. Gronius)
Teilnehmer*innen der Ausstellung: Veronique Verdet, Anni Kenn-Fontaine, Erhard Schmied, Heidrun Stern, Vera Loos, Bernd Nixdorf, Rudolf Schwarz, Rona Rangsch, Olgaruth Blass, Mark Heydrich, Ingrid Lebong, Albert Herbig, Vera Kattler, Isa Gawron, Monika Hau, Klaus Behringer, Maja Andrack, Jörg Gronius, Till Neu, Petra Jung, Annegret Leiner, Doris Hinzen-Röhrig, Hans Husel, Marion Kemmerzell/Werner Klippert, Claudia Vogel, J. N. R. Wiedemann, Ulrich Behr, Anne Haring, Mane Hellenthal, Armin Rohr, Juliana Hümpfner, Veronika Schütz, Anne-Marie Stöhr, Gudrun Emmert, Natascha Denner, Nelia Dorscheid, Ute Belser, Hans Huwer, Regina Zapp, Pia Welsch, Frauke Eckhardt, Marion Cziba, Marcella Berger, Ellen Simon, Henrike Kreck, Darja Linder, dalle-e und Ludwig Schmidtpeter, Ingeborg Knigge, Peter Köcher, Dietmar Kempf, Sabrina Sperl.
Jamboree – halbe fünf
Neben der Ausstellung laden die Mitglieder des Saarländischen Künstlerhauses zu einem Rahmenprogramm freitags um halbe fünf ein.
31.03. Gertrud Riethmüller und Frauke Eckhardt, „Künstlerische Prozesse – Repetitive Momente in der Kunst“, Workshop & Austausch
14.04. Jörg W. Gronius „TWO/TWENTYFOUR“ Gedichte zur Zeitenwende, Lesung
21.04. Rona Rangsch „Newfound Videos“, Screening mit anschließender Frage- und Antwortrunde
28.04. Hans Huwer und Klaus Behringer „Tag für Tag“, Tagebuch als künstlerische Ausdrucksform
05.05. Albert Herbig, Ludwig Schmidtpeter und Volker Schütz „zeichen:wende. Who’s afraid of robots? Vom Ende der Kunst. Der Menschen.“ Gegenstand des Gesprächs soll das (Spannungs-)Verhältnis von Kunst und ai/ki sein
12.05. Jörg W. Gronius und Erhard Schmied „Gespräch über die Würze der Kürze – Schreiben nach vorgegebenem Maß“
19.05. Pia Welsch „Kaffeeflecken besticken“, Workshop
Halbe fünf, immer freitags, von 16:30 bis 18:00
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
Der Zugang zu unseren Ausstellungsräumen ist barrierefrei (außer studioblau)
Nachtrag: Bülent schrieb einen schönen Artikel über die Ausstellung.
Kommt alle, die Ihr mühselig & beladen seid. Ich will Euch erquicken!
Roland Wirtz ist tot
Bereits am 14. Februar diesen Jahres verstarb mein Freund & Künstlerkollege Roland Wirtz.
2021 erhielt er den Monika von Boch Preis für Fotografie, dessen Verleihung wegen des Arschloichs Corona zweimal verschoben wurde. Am dritten März nun wurde der Preis im Rahmen der Ausstellung im Museum Fellenberg endlich verliehen. Posthum.
Anbei ein kurzer Beitrag über Roland & seine Arbeit des Saarländischen Rundfunks vom 15. März.