Jemand beneidete mich um meine Freiheit & die Tatsache, dass ich mich seit Jahren selbst verwirkliche. Was mich dazu veranlasste, kürzlich willkürlich einen Tagesablauf aus dem Leben eines Malers festzuhalten.

Gegen 6:30 Uhr: Aufstehen. Ohne weitere Umstände in die Küche. Radio. Kaffee mahlen. Frühstückstisch decken. Zwei Gedecke für die zwei Kinder. Während die Kinder gemächlich & wortlos die Küche wanken, trinke ich die erste Tasse Kaffee mit Milch & organisiere die Zutaten für die für die Zubereitung der Pausenbrote. Für die Kinder. Für die Geliebte & Ehefrau (macht sich in der Zwischenzeit im Bad hübsch & fein für den Dienst).

Spülmaschine ausräumen & die eingetrockneten Reste der Bratkartoffeln von gestern aus der Pfanne kratzen. Fluchen. Außerdem stehen da noch die Weingläser von Samstag an der Spüle rum. Verschimmelte Karotten in den Mülleimer.

Pausenbrote & -getränke in die diversen Behältnisse packen (muss man in aller Regel täglich aufs Neue suchen), Tisch abräumen, die zweite Tasse Kaffee trinken & die Familie verabschieden. Kinder in die Schule, die Geliebte & Ehefrau ins Büro.

Nach einer turbulenten Stunde: Aufatmen.

Wäsche sortieren. Wäsche in die Maschine. Die Maschine steht im Keller (den müsste auch mal wieder jemand aufräumen).

In der darauf folgenden Stunde sitze ich am Rechner, schreibe erfreulicherweise eine Rechnung, beantworte Mails, trinke die dritte Tasse Milchkaffee & verziehe mich anschließend mit der vierten Tasse unters Dach, um mich auf der Malerei zu widmen. Vorher muss ich allerdings zuerst noch Leinwände grundieren.

Ein altes Bild mit viel Weiß übermalen, ein noch älteres Bild abschleifen & mit Weiß übermalen. Noch nichts gemalt. Aber über Malerei nachgedacht.

Radio hören & versuchen, den bevorstehenden Umzug aus dem Kopf zu bannen. Allerdings macht mir der Gedanke doch ein wenig Angst & ich probiere, die Tür zum Atelier, die ich in den letzten 10 Jahren mit Farbe & Telefonnotizen zugeschmiert habe, abzuschleifen. Schleifpapier & Schleifklotz hatte ich ja praktischerweise in der Hand. Ich hoffe, der Vermieter ist nicht all zu sauer wegen der Sauereien aus den letzten 10 Jahren.

Francis Bacon ist nichts dagegen.

Scheint allerdings doch ganz gut zu klappen (war ja auch nicht grundiert). Den Rest Schleifarbeit verschiebe ich.

Zwischendurch ein längeres Telefonat mit dem Lieblingsfreund, der eine Ausstellung in Berlin vorbereitet & mir sein Konzept erläutert. Über dessen Vor- & Nachteile wir lange diskutieren.

Eine Papierarbeit begonnen. Titel: Ohne Titel („Patronin“).

Um 13:30 Uhr Pinsel ins Terpentin gestellt – U. ruft an & fragt, ob ich Freitag Vormittag Zeit habe, um über die Mappe des Neffen zu gucken. Der will nämlich an die Hochschule & Design oder Kunst studieren. Wollen beide hier vorbeikommen. „Wir bringen Brötchen & Coissants mit.“ Warum nicht. Ich habe ja Zeit.

Auf dem Weg zum Auto wegen zweier Termine in der Stadt (jour fixe im Künstlerhaus, wo ich als Mitglied des Vorstandes ehrenamtlich mitarbeite & dann an die Uni wegen eines „Auftrags“) noch eine Zwischenstation im Keller.

Waschmaschine ausräumen, Wäsche an die Leine (der Trockner ist seit einem Jahr kaputt, steht fast sinnlos neben der Waschmaschine. Ist aber eine prima Ablagefäche für den Hausmeister), bunte Wäsche in die Maschine.

14:20 Uhr: Ich fahre nach Saarbrücken, um die Kinder aus der Schule abzuholen. Der Sohn will zu Freund L., um dort Hausaufgaben machen. Außerdem ist er zum Mittagessen eingeladen. Die Tochter hat Orchesterprobe & geht anschließend zur Tante.

Das ist ausnahmsweise & auch sehr praktisch, da ich mich heute mittag mal nicht um Mathe, Englisch & Franz kümmern & auch keinen Imbiss zubereiten muss.

Also doch malen.

(Nur noch schnell die Nachbarstochter nach Hause fahren)

Im Atelier unterm Dach wieder in die Dienstkleidung. An der Papierarbeit weiterarbeiten. Titel: Ohne Titel („Patronin“).

Weil noch ein wenig Zeit ist, eine Arbeit auf Leinwand begonnen (älteres Bild, abgeschliffen & mit weiß übermalt). Die Idee dazu hatte ich schon letzte Woche.

Klappt heute wie geschmiert, aber …

Um 16:30 Uhr für zweieinviertel Stunden nach Kleinblittersdorf, wo ich den Malkurs einer kranken Kollegin übernommen habe. Plus zwanzig Minuten Fahrtzeit. Jeweils. Hin & zurück.

Heute aquarellieren wir Bäume, Licht & Schatten. Leider war ich dabei zu lange in der Sonne.
Außerdem muss ich die Damen sehr trösten. Aquarell ist sehr schwer & das Laub in den Bäumen sehr grün. Man muss das Weiß aussparen.

Um halb acht nach Hause, die Geliebte & Ehefrau macht heute Sport. Die Kinder sind allerdings schon da (Es lebe die Verwandtschaft! Ein Hoch auf die Freunde & Nachbarn!). Hausaufgaben angeblich gemacht.

„Querflöte & Gitarre geübt?“

Heute italienische Küche: Tomaten, Mozarella, Salat, Maccaroni, Tomatensoße (Natürlich alles bio & aus frischen Tomaten!).

Vokabeltest (befriedigend) unterschreiben.

„Papa – kannst Du mir noch schnell bei der Zeichnung für den Grundriss der Wohnung für den Kunstunterricht helfen? Zwei Striche?“

Nach einer Stunde (ca. 21:30 Uhr) verziehen sich die Kinder müde & gelangweilt ins Bett.

Ich zeichne noch ein bisschen an der Perspektive weiter. Es sind doch mehr als zwei Striche.

Abräum-, Spül- & Gute-Nacht-Rituale. Anschließend die überquellende Mülltüte aus der Küche nach draußen in die Tonne & den gelben Sack vor die Tür.

Geliebte & Ehefrau trudelt ein.

23:00 Uhr. Ich schreibe diesen Blogeintrag.

Wo hab‘ ich noch mal schnell mein Buch hingelegt?