„Kollege Arne Menzel zeigt Präsenz“
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Letztes Wochenende waren die Tage der Bildenden Kunst.

Unser Atelierhaus war auch dabei. Kollektiv. Der Verein organisiert diese zwei Tage für uns Künstler. Wir müssen lediglich die Türen öffnen. Und Kuchen backen. Ums Haus macht sich traditionell ein wenig Volksfeststimmung breit. Es gibt Getränke- & Essensstände; die Mitarbeiter des Vereins verkaufen unseren Kuchen & Kaffee; der Erlös des Verkaufs geht zur Unterstützung an den Verein.

Mehr als 1.500 Menschen besuchten an diesen zwei Tagen das KuBa.

Ich habe kaum Erinnerungen an das Wochenende. Die Stunden rauschten vorbei. Gesprächsfetzen & Gesichter im Stakkato, Krümel aus Erinnnerungen an Freunde oder Fremde. Wie im Rausch dehnten sich die Stunden aus ins Unendliche. Am Ende hatte ich das Gefühl, als sei die Zeit explosionsartig abgefackelt wie ein Feuerwerk. Scheinbar endlose Tage zerbröselten zu winzigen Brosamen.

Außerdem ist man abends heiser.

Aber auch viele der Besucher rauschten vorbei. Zum Beispiel an meiner offenen Ateliertür. Schauten nicht ins Atelier. Eilten einfach vorbei. Nicht nur an meinem Atelier, sondern auch an den Ateliers der Kollegen. Manchmal reckte jemand der Vorbeieilenden den Hals in die Tür. Ein scheuer Rundumblick, grußlos & fahrig.

Flüchtige Blicke von flüchtigen Besuchern streiften auch die Bilder in den Fluren des Atelierhauses. Blicke, die suchen & nicht wirklich finden, nicht finden wollen, nichts sehen oder erkennen. Vielleicht haben sich diese Menschen auch nur verlaufen. Sind zufällig ins Haus gestolpert, hatten die Möglichkeit wahrgenommen, Kaffee zu trinken & Kuchen zu essen, hatten sich in den Weiten der Treppenhäuser & Gänge der unterschiedlichen Stockwerke verirrt & suchten nun verzweifelt den Ausgang. Suchende soll man nicht aufhalten.

Natürlich, es gab es auch mir unbekannte, neugierige Besucher, die sich trauten, ihre Füße in die einzelnen Ateliers zu setzen – abgesehen von den Freunden, Kollegen & Bekannten, die sowieso immer dabei sind. Manche Besucher fotografierten: „So muss es in einem Künstleratelier aussehen!“ Fotografierten mehr als sie guckten. Zum Beispiel den Fußboden, Tische mit Pinseln & zerknautschten, klebrigen Farbtuben & die Schuhe des Malers. Auch Bilder. Aber meistens die Klischees.

Es gab seltsame Begegnungen, merkwürdige Besucher & vor allem denkwürdige Kommentare, die im Kopf haften geblieben sind. Manche habe ich aufgeschrieben:

„Ah ja! Allmählich wird es wieder besser!“

„Können Sie von Ihrer Kunst leben?“

„Wer kauft denn so was? Hier im Saarland? Hier ist doch kein Geld.“

„Haben Sie auch noch einen anderen Beruf?“

„Haben sie Kunst studiert?“

„Und Sie sind … professioneller Künstler?“

„Wie machen Sie diesen Effekt? Wissen Sie, ich male nämlich auch.“

„Darf ich den Fußboden fotografieren? Das ist ja ein richtiges Bild!“

„Das Grün da rechts oben im Bild – irgendwie stört mich das. Ich weiß nicht … Grün gefällt mir nicht als Farbe. Naja, ich habe ja auch keine grünen Kleider“

„Hah! Die fröhliche Unterwasserwelt! Da malt jemand die bunte Koralle, die lustige Qualle & den intelligenten Oktopus! Habe ich recht?“

„Die figürlichen Arbeiten haben mir besser gefallen. Ich kann ja mit abstrakter Kunst eh nichts anfangen. Konnte ich noch nie. Figürliche Kunst finde ich besser. Da sieht man wenigstens, ob jemand was kann!“

„Wie teuer ist so ein Bild? Und wie lange brauchen Sie eigentlich für so ein Bild?“

„Verdienen Sie Geld mit Ihrer Kunst?“

Ich habe nichts verkauft, weder samstags noch sonntags. Gratis-Postkarten gingen weg wie warme Semmeln. „Es geht nicht nur um den Verkauf“, sagte der Kollege. „Du musst Präsenz zeigen.“

„Könnten Sie mir die Karte noch signieren?“

Ich zeigte zwei Tage Präsenz & war anschließend sehr müde.

Es gab aber auch schöne Begegnungen, nachhaltige Gespräche & fruchtbare Diskussionen mit offenen Menschen.

Als Künstler wünscht man sich ja gelegentlich ein Feedback. Keine Streicheleinheiten, keine Lobhudelei. Keine hochwissenschaftliche Laudatio, wie man sie kennt von Vernissagen. Keine oberfächlichen Kommentare bei einem Gläschen Crémant.

Sondern wirklich herausforderdernde Fragen & Gedanken von aufmerksamen Beobachtern.

Aber ich komme auch ganz gut mir mir allein zurecht.