Ohne Titel, 2011
Bleistift, Aquarell, Skizzenbuch, ca. 21 x 26 cm (geöffnet)
Ich tue, was ich tue, weil ich es tue. Die Ergebnisse meiner Tätigkeit nenne ich Malerei oder Zeichnung. Oder meine Arbeit.
Zur Arbeit braucht es von Zeit zu Zeit einen gewissen Abstand zur Arbeit. Selbstironie halte ich für eine gute Möglichkeit, um Abstand zu gewinnen.
Auch, wenn ich die Arbeit vieler Künstlerkollegen, die sich auf dem Feld der Konkreten Kunst bewegen, sehr sehr schätze, verbinde ich mit Ihnen leider nicht immer die Eigenschaft der Selbstironie.
Humor ist auch eine sehr schöner Charakterzug. Gerne schräg.
Außerdem sollten die Ergebnisse der Arbeit in regelmäßigen Abständen hinterfragt werden. Ein Konzept verfolge ich, wie gesagt, persönlich keines; finde aber einige Konzepte, von denen ich hörte, durchaus tragfähig & spannend.
Wenn Konzepte allerdings die Bilder ersetzen, halte ich die Bilder für fragwürdig, wenn nicht gar vollkommen überflüssig.
Manche Menschen unterstellen mir ein Konzept. Das finde ich sehr merkwürdig, aber ich wehre mich nicht dagegen. Ich habe Angst, mich mit dem Versuch einer Antwort & dem damit verbundenen Rumgeeiere in Schwulitäten zu bringen.
Konzepte haben die Eigenschaft, manifest zu werden. In Stein gemeißelt. Beton. Ich möchte nicht zum Erfüllungsgehilfe eines Konzeptes werden.
(Allerdings komme ich nicht umhin mir einzugestehen, dass ich einem Weg folge, einen roten Faden wickle.)
Wichtig ist mir der Prozess, das heißt, der Erkenntnisgewinn & die gedankliche Auseinandersetzung auf der Wegstrecke zwischen zwei Arbeiten. Diesen Prozess kann man nicht verkaufen. Dafür sind die materialisierten Ergebnisse dieser Auseinandersetzung wiederum sehr praktisch, wenn auch nicht immer dienlich.
Manchmal treffe ich auf der Straße Leute, die mich fragen: „Na, was macht die Kunst?“ Darauf weiß ich in der Regel keine Antwort. Aber weil ich ein höflicher Mensch bin, lächle ich trotzdem.
Mir wäre es lieber, sie fragten: „Na, was macht Deine Arbeit?“ Darauf könnte ich wahrscheinlich antworten. Auf Fragen zu meiner Malerei oder zu meiner Zeichnerei.
Aber danach fragt mich ja niemand.
Zur Kunst habe ich in solchen Momenten keine Meinung.
klaus
24. März 2011 @ 11:11
ich finde es eigentlich auch viel spannender, was sich zwischen zwei Arbeiten befindet, als was sich auf einer einzelnen Arbeit befindet…, aber dafür scheinen nicht allzu viele Menschen einen Sinn zu haben
Armin
24. März 2011 @ 19:59
Ich glaube, es muss nicht jeder verstehen.
Es ist ja auch verrückt: In einer Ausstellung zeigst Du die Eckpfeiler dieses Prozesses, die nicht unbedingt Ergebnisse sein müssen.
Aber sie stellen sich als Ergebnis dar. Sie sagen: „Seht her, ich bin!“
Sind aber eher Stationen auf einem Weg. Stationen, auf denen Du inne hälst, Luft holst & versuchst, Dir über irgendwas klar zu werden.
Vielleicht ob Du den Weg weitergehst. Oder ob Du umsteigst.
Was befindet sich hinter der Oberfläche der Bilder?
Manchmal ist man lange unterwegs, bis eine Station kommt.
Anonym
25. März 2011 @ 08:36
Höhere Wesen befehlen: Weiter prozessieren!
Anonym
31. März 2011 @ 19:06
Ich finde deinen Text sehr beeindruckend.
Auf Anhieb kann ich sagen, dass ich zwei Positionen, die du nennst, auch vertrete:
Es gibt wenige Menschen, die zur Selbstkritik fähig sind und ich mag den Sammelbegriff Kunst nicht – ich zeichne.
Die Zeichnung ist für mich eine tägliche neue Herausforderung und eine Folge von Entscheidungen. Eine einzelne Zeichnung ergibt keinen Sinn – wohl aber viele.
Ich Frage dich sehr gerne nach deiner Meinung zur Zeichnung, Armin und erwarte mit Neugier deine Antwort.
Gruß Susanne
ponyQ
4. April 2011 @ 09:07
Ein kleines Konzeptchen am Anfang kann ja noch ganz harmlos sein – wenn es dann zum Ziel herangewachsen ist und Definitiv-Inhalt wird, frisst es allzu gerne mal seine eigenen Ideen.
So ein ausgewachsenes Instant-Konzept lässt sich allerdings meiner Erfahrung nach teurer verkaufen als Ideen mit weiterem Auseinandersetzungsbedarf… "Einfach-hirnverdaulich-anrühren" schlägt "entdecken und staunen" – und garantiert außerdem verstehen… zumindest kann ich bei einem Konzept wissend nicken und glauben, es verstanden zu haben…
Armin
4. April 2011 @ 12:06
Natürlich – ein Gedanke – ein roter Faden – steckt hinter jeder einzelnen Arbeit.
Ebenso vereint alle Arbeiten insbesondere der letzten drei Jahre ein Idee.
Sozusagen ein Konzept.
Aber dieses Konzept ist flexibel & reagiert auf Einflüsse. Ich beharre nicht auf dogmatischen Glaubenssätzen.
Armin
7. April 2011 @ 06:24
@Susanne:
Ich meine schon, dass eine einzelne Zeichnung einen Sinn macht – sowohl für den Zeichner, als auch für den Betrachter.
Für den Zeichner liegt der Sinn allein schon im Prozess des Zeichnens. Wie Du schon sagtest, „eine Summe von Entscheidungen“.
Ich stelle mir folgendes vor: Du zeichnest jahrelang an einem einzigen Blatt, jeden Tag. Zeichnen, radieren, überzeichnen, ausschneiden, aufkleben, zerreißen, neu zusammensetzen …
Irgendwann hörst Du auf. Hast nichts mehr zu sagen. Willst nichts mehr sagen. Hast nichts mehr hinzuzufügen. In der Summe Deiner Entscheidungen über die Jahre ist eine Arbeit entstanden. Eine einzige.
Und die kann doch „Sinn“ machen. Sowohl für den Betrachter, als auch für den Zeichner. Der Betrachter vermag diese Summe von Entscheidungen nicht immer in alle Einzelheiten nachzuvollziehen (muss er ja auch nicht).
Für mich als Zeichner allerdings ist diese zurückgelegte Wegstrecke sehr wichtig; mit all ihren Höhen & Tiefen. Wichtiger als das Ergebnis selbst. Das Ergebnis spiegelt nicht notwendigerweise den Prozess & die Dauer des Prozesses wieder.
Zeichnen.
Für mich ein Weltbewältigungswerkzeug. Die Welt, die ich wahrnehme, sondere ich wieder aus. Nicht eins zu eins, sondern gefiltert, transformiert.
Welt wahrnehmen, empfangen & Welt absondern, aussenden.
Wichtig ist eigentlich das Gucken, das Wahr-nehmen. Das Wie-Wahr-nehmen. Das Sehen & Erkennen, z. B. von Strukturen, Zusammenhängen, Analogien. Da bin ich wieder im Prozess.
Rudolf Arnheim sagt: „Alles Wahrnehmen ist auch Denken, alles Denken ist auch Intuition, alles Beobachten ist auch Erfinden.“
Anonym
26. April 2011 @ 14:05
Alles Beobachten ist auch Erfinden?
Für mich macht es einen Unterschied, ob ich Scheiße beobachte oder Scheiße erfinde.
Armin
9. Mai 2011 @ 08:38
Die vermeintliche Scheiße, die Sie beobachten, ist eine lediglich eine Erfindung Ihres Hirns.
Für die einen ist dies eine kreative, erfinderische Leistung, für die anderen eine negative Sicht auf die Realität.
Darüber würde ich mir mal Gedanken machen …