Noch zwei Tage läuft meine Ausstellung im Kunstverein Norden. Die Zeit während des Aufbaus habe ich sehr genossen & das nicht nur, weil das Meer so nahe ist.
Kommt alle, die Ihr mühselig & beladen seid. Ich will Euch erquicken!
Nachtrag: Meine Rede in Norden
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie zu meiner Ausstellung hier in den Räumen der KVHS
Norden.
Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Wolff für die Einladung des Kunstvereins Norden & den herzlichen Empfang sowie die Unterstützung während der Vorbereitung zu der Ausstellung.
In der Einladungskarte zur Ausstellung steht:
Einführung: der Künstler selbst …
Verehrte Gäste, was erzählt ein Maler, wenn er etwas über seine Bilder erzählt? Weiß ein Maler mehr über seine Bilder zu erzählen als ein Wissenschaftler, Kunsthistoriker oder Betrachter? Hat ein Maler weniger Fragen an seine Bilder? Hat ein Maler etwa die Antworten auf alle Fragen?
Die Bilder die Sie, liebes Publikum, hier heute sehen, stammen überwiegend aus den Jahren 2009 bis 2012. Sie entstanden im wesentlichen nach Fotografien – aus privaten Fotoalben, aus Zeitungen & Zeitschriften sowie aus dem uferlosen Internet.
Nachdem ich jahrelang zeichnete nach der Natur, figürlich malte, abstrakt malte, collagierte, kleine Objekte anfertigte, fotografierte & wieder nach der Natur zeichnete & malte, überlegte ich mir eines Tages ein völlig neues Konzept:
Ein Mensch im Raum.
Dieses Thema entstand während meiner Arbeit mit Studenten an der Hochschule, insbesondere beim Aktzeichnen. In der Regel werden ja Akte auf einem weißen Blatt gezeichnet. Selten sieht man den Raum oder eine Verbindung zum Raum oder dem Umfeld. Der Fokus liegt ja auf der menschlichen Figur. Aber mir ist & war in meiner Lehre diese Verbindung des Menschen zum Raum sehr wichtig. Egal, ob er hässlich, scheinbar unwichtig oder langweilig ist. Wir alle bewegen uns in Räumen.
Offenbar ein einfaches Thema.
Figürliche Malerei, figürliche Zeichnungen, Aquarelle. Porträts, Menschen, einzeln oder in Gruppen, Menschen in Räumen oder im Freien, in der Stadt, in der Natur.
Ich zeichnete & malte also nach Fotografien, variierte einzelne Bilder in unterschiedlichen Techniken, ohne wissen zu wollen, wohin die Reise geht. Das Malen nach einem Foto erlaubt es mir, ohne Umschweife & Überlegungen loszulegen. Klar war lediglich, dass die Fotografie Ausgangsbasis & Anlass für das Bild ist. Der Prozess führte mich mich über die Malerei weg vom Foto. Ich wollte weder etwas dazudichten noch Geschichten erzählen. Das ein oder andere weglassen oder reduzieren. Das Ergebnis sollte bestenfalls nur noch formal an das Foto erinnern.
Meine Figuren scheinen sich oft aufzulösen, sie verschwimmen mit dem Hintergrund oder sind nur noch als weiße Schemen wahrzunehmen. Möglicherweise verschwinden sie gerade oder sie beginnen zu materialisieren, Gestalt oder Form anzunehmen. Sie befinden sich in einem nicht eindeutigen Schwebezustand. Vielleicht ist es die Beobachtung eines Prozesses der Veränderung & gleichzeitig ein Versuch über die Unmöglichkeit, den Augenblick einfangen oder festhalten zu können.
Vielleicht auch der Versuch, diesen Moment ins Unendliche Auszudehnen.
Versuche. Immer wieder Versuche. Keine Behauptungen. Eher vorsichtige Fragen. Fragen an das Bild. Fragen zum Beispiel nach unserer Verortung?
Fragen an das Bild. Ja – auch ich stelle Fragen an meine Bilder!
Ähnlichkeit mit den porträtierten Vorlagen spielt kein keine Rolle. Im Gegenteil: Es ist die räumliche Situation oder auch die Art & Weise, wie Menschen vor der
Kamera posieren, sich inszenieren. Die Zufälligkeit eines Schnappschusses. Das Zusammenspiel von Figur & Raum.
Ich habe nichts gegen verzerrte Gesichtszüge, Fratzen oder Masken. Ich malträtiere oder liebkose meine Protagonisten. Verfremdungen scheinen den Blick auf das wahre Gesicht zu verstellen – mir scheint es aber manchmal, als legte ich überdeutlich eine verborgene Seite offen.
Das Undeutliche so deutlich wie möglich.
Aber auch in diesem Fall meine ich nicht die Person auf dem Foto – ich suche eine für mich allgemein gültige Form oder Aussage.
Die Wahl der Technik ist entscheidend für das Ergebnis. Manche Bilder werden in unterschiedlichen Variationen ausgelotet. Es scheint mir, als würde ich mich in Kreisen um einen Kern bewegen, aber dieser Kern bleibt unscharf. Dieser Kern hat mit mir zu tun, mit meinem Wesen. Aber auch mit Fragen an die Welt, die ich nur in Form von Bildern formulieren kann. Aber das Wesentliche dieses Kerns bleibt wie hinter einem Schleier verborgen.
Die Antworten dieser Fragen liegen im Bild. Es sind keine eindeutigen Antworten, sondern eher fühlbare Aussagen, die sich über das was zu sehen ist & wie es gemacht, ist dem Betrachter mitteilen können.
Mit jedem Bild, mit jeder Zeichnung, wird mir meine diffuse Vorstellung von dem, was mich treibt, greifbarer. Auch, wenn sie vermutlich unscharf bleiben wird. Aber so habe ich immer wieder Grund, zu fragen. In Form von Malen & Zeichnen.
Was bleibt, sowohl für mich als auch für den Betrachter, ist ein letzter Rest Unsicherheit. Etwas, was die Bilder & die Protagonisten der Bilder – so hoffe ich – rätselhaft erscheinen lässt. Rätselhaft & nicht von dieser Welt. So, wie ich mich manchmal fühle. Fremd, ein Fremdkörper, in der Welt. Jeder Betrachter hat andere Fragen an die Welt & das Bild. Diese Fragen kann ich als Künstler nicht beantworten.
So unterschiedlich die Fragen der Betrachter sind, so unterschiedlich werden die Antworten ausfallen, die das Bild geben kann.
Sie müssen nur bereit sein, hinzusehen & zu hören.