Das hört sich sehr interessant an, Armin. Ich überlege, ob es für unsere Bilder auch zutrifft. Vielleicht, aber ich halte auch neu zusammengesetzte Erfahrungen für authentisch. Wenigstens die Schnipsel hat der Autor oder der bildende Künstler im Kopf!
Das Wort lernte ich zum ersten Mal in meiner Zeit an der HBKsaar kennen.
Großes Thema damals. Jeder war auf der Suche nach.
Für mich bedeutete es: das Umkreisen meines inneren Kerns während der Arbeit; das, was mich, mein Denken, Handeln ausmacht. Was mich antreibt.
Während meiner Arbeit umkreise ich diesen Kern in konzentrischen Kreisen. Mal bin ich nah dran, mal weniger nah.
Je nach dem. Aber darüber mache ich mir keine Gedanken mehr. Ich tue, was ich tue.
(Manche Leute suchen nach der Wahrhaftigkeit in den Bildern eines Malers. Wieder andere glauben diese Wahrhaftigkeit gefunden zu haben. Als hätten sie in das Herz des Malers geblickt & seine lauteren, ungetrübten Absichten erkannt. Und nun teilen sie die Welt der Kunst in die wahre zur Rechten & die unwahre zur Linken).
Interessanter ist für mich die Frage, welcher Art die Emotionen sind, die im Menschen ausgelöst werden beim Betrachten von Malerei.
Wenn überhaupt welche ausgelöst werden.
Denn die sind dann – wahrscheinlich – immer authentisch. Dabei spielt es keine Rolle, woher die Erfahrungen genommen worden sind. Ob sie mit einem Vorschlaghammer zertrümmert & anschließend neu zusammen gesetzt sind.
Mir gefiel der Satz: „Authentische Literatur gibt es nicht.“ In diesem Sinne, Susanne, trifft das auch für unsere Bilder zu.
Das mit der Authentizität ist nämlich wirklich so ein Ding. Wenn jemand sentimental ist und dann daraus authentische Kunst entwickelt, dann ist diese ja folgerichtig sentimental ebenso. Authentizität war deshalb für mich nie ein Qualitätskriterium. Das Statement von Clemens Meyer beschreibt zumindest eine Form der Weltaneignung. Ob man nun seine Erfahrungen und Beobachtungen nun immer gleich in ein Kaleidoskop verwandeln muss?…hmm…man kann ahnen, was er damit meint: Ich baue mir aus den Einzelteilen wieder eine eigene Welt, die über die wirkliche dann wieder was aussagen kann. Ich fand die Vorstellung, man stelle sich in einer Zeichnung (z.Bsp.) etwas gegenüber, das man betrachten und darin wieder etwas erkennen (oder nicht nur wieder- sondern überhaupt etwas erkennen kann, das bis eben an Vorstellungen noch in einem drin war (mehr oder weniger unbemerkt und ungewiss), und man durch dieses Tun quasi wieder etwas über sich und die Welt erfährt,eigentlich am interessantesten und überzeugend. Aber so ganz weit weg ist das von der Meyerschen Vostellung auch wieder nicht. Authentizität ist als Begriff nun eigentlich in diesem Zusammenhang doch reichlich uninteressant, oder? Und führt auch nicht wirklich weiter.
Ich glaube zu ahnen, was er meint, wenn er sagt: „authentische Literatur“.
Interessant fand ich den Satz von Meyer im Vergleich zu meinem Post vom 18. März, in dem ich ein paar Worte von Hilary Hahn zitierte.
Indirekt spricht sie das Thema „Authentizität“ nämlich auch an:
„Man muss nicht exzessiv leben, um in der Musik an Grenzen gehen zu können. Und der große Irrtum dabei ist, zu glauben, wenn man etwas im Leben durchlitten hat, schlägt es sich automatisch in der Kunst nieder.“
Sie redet dabei von Reflexion; Meyer zertrümmert mit dem Vorschlaghammer. Die beiden unterscheiden sich also lediglich in der Methode. Im Ergebnis meinen sie wohl das Gleiche.
Tatsächlich ist „Authentizität“ überhaupt kein Kategorie, um Kunst beurteilen zu können. Sie ist weder nachprüfbar noch beweisbar.
Genau so wenig wie Wahrhaftigkeit.
Leicht taucht man in solchen Diskussionen in ungefähre oder auch esoterische Gewässer ein.
Spannend aber, wenn ein Zuhörer oder Betrachter von Musik zu Tränen gerührt oder von einem Kunstwerk emotional durcheinander gewirbelt werden: Zweifelsohne erzählt das weniger über das Werk & noch weniger über den Künstler – viel mehr über den Rezipienten & seine Haltung über die Welt. In diesem Moment erfährt er „etwas über sich und die Welt“.
Diese Erfahrungen sind dann wahrscheinlich sehr authentisch.
Anonym
24. März 2010 @ 06:30
Das hört sich sehr interessant an, Armin.
Ich überlege, ob es für unsere Bilder auch zutrifft.
Vielleicht, aber ich halte auch neu zusammengesetzte Erfahrungen für authentisch. Wenigstens die Schnipsel hat der Autor oder der bildende Künstler im Kopf!
konfunzius
24. März 2010 @ 10:27
Was ist authentisch?
Armin
25. März 2010 @ 09:26
Authentizität.
Das Wort lernte ich zum ersten Mal in meiner Zeit an der HBKsaar kennen.
Großes Thema damals. Jeder war auf der Suche nach.
Für mich bedeutete es: das Umkreisen meines inneren Kerns während der Arbeit; das, was mich, mein Denken, Handeln ausmacht. Was mich antreibt.
Während meiner Arbeit umkreise ich diesen Kern in konzentrischen Kreisen. Mal bin ich nah dran, mal weniger nah.
Je nach dem. Aber darüber mache ich mir keine Gedanken mehr. Ich tue, was ich tue.
(Manche Leute suchen nach der Wahrhaftigkeit in den Bildern eines Malers. Wieder andere glauben diese Wahrhaftigkeit gefunden zu haben. Als hätten sie in das Herz des Malers geblickt & seine lauteren, ungetrübten Absichten erkannt. Und nun teilen sie die Welt der Kunst in die wahre zur Rechten & die unwahre zur Linken).
Interessanter ist für mich die Frage, welcher Art die Emotionen sind, die im Menschen ausgelöst werden beim Betrachten von Malerei.
Wenn überhaupt welche ausgelöst werden.
Denn die sind dann – wahrscheinlich – immer authentisch. Dabei spielt es keine Rolle, woher die Erfahrungen genommen worden sind. Ob sie mit einem Vorschlaghammer zertrümmert & anschließend neu zusammen gesetzt sind.
Mir gefiel der Satz: „Authentische Literatur gibt es nicht.“ In diesem Sinne, Susanne, trifft das auch für unsere Bilder zu.
Das ist ein klares Statement.
Sehr entlastend.
konfunnnnnzius
25. März 2010 @ 11:33
Das mit der Authentizität ist nämlich wirklich so ein Ding. Wenn jemand sentimental ist und dann daraus authentische Kunst entwickelt, dann ist diese ja folgerichtig sentimental ebenso. Authentizität war deshalb für mich nie ein Qualitätskriterium.
Das Statement von Clemens Meyer beschreibt zumindest eine Form der Weltaneignung. Ob man nun seine Erfahrungen und Beobachtungen nun immer gleich in ein Kaleidoskop verwandeln muss?…hmm…man kann ahnen, was er damit meint: Ich baue mir aus den Einzelteilen wieder eine eigene Welt, die über die wirkliche dann wieder was aussagen kann.
Ich fand die Vorstellung, man stelle sich in einer Zeichnung (z.Bsp.) etwas gegenüber, das man betrachten und darin wieder etwas erkennen (oder nicht nur wieder- sondern überhaupt etwas erkennen kann, das bis eben an Vorstellungen noch in einem drin war (mehr oder weniger unbemerkt und ungewiss), und man durch dieses Tun quasi wieder etwas über sich und die Welt erfährt,eigentlich am interessantesten und überzeugend. Aber so ganz weit weg ist das von der Meyerschen Vostellung auch wieder nicht.
Authentizität ist als Begriff nun eigentlich in diesem Zusammenhang doch reichlich uninteressant, oder? Und führt auch nicht wirklich weiter.
Armin
27. März 2010 @ 10:31
Ich glaube zu ahnen, was er meint, wenn er sagt: „authentische Literatur“.
Interessant fand ich den Satz von Meyer im Vergleich zu meinem Post vom 18. März, in dem ich ein paar Worte von Hilary Hahn zitierte.
Indirekt spricht sie das Thema „Authentizität“ nämlich auch an:
„Man muss nicht exzessiv leben, um in der Musik an Grenzen gehen zu können. Und der große Irrtum dabei ist, zu glauben, wenn man etwas im Leben durchlitten hat, schlägt es sich automatisch in der Kunst nieder.“
Sie redet dabei von Reflexion; Meyer zertrümmert mit dem Vorschlaghammer. Die beiden unterscheiden sich also lediglich in der Methode. Im Ergebnis meinen sie wohl das Gleiche.
Tatsächlich ist „Authentizität“ überhaupt kein Kategorie, um Kunst beurteilen zu können. Sie ist weder nachprüfbar noch beweisbar.
Genau so wenig wie Wahrhaftigkeit.
Leicht taucht man in solchen Diskussionen in ungefähre oder auch esoterische Gewässer ein.
Spannend aber, wenn ein Zuhörer oder Betrachter von Musik zu Tränen gerührt oder von einem Kunstwerk emotional durcheinander gewirbelt werden: Zweifelsohne erzählt das weniger über das Werk & noch weniger über den Künstler – viel mehr über den Rezipienten & seine Haltung über die Welt. In diesem Moment erfährt er „etwas über sich und die Welt“.
Diese Erfahrungen sind dann wahrscheinlich sehr authentisch.